Investieren in Vintage-Guitars?
Einführung
Vintage-Gitarren sind nicht nur bei Musikern sehr beliebt sondern auch als Geldanlage seit langem äußerst attraktiv geworden. Als im Jahr 2005 amerikanische Brokermagazine das Investieren in alte Gitarren als eine der weltbesten und sichersten Anlagen empfohlen hatten, stiegen die Preise für gefragte Modelle innerhalb von 2 Jahren um 50% bis 100% an. Das in den USA erscheinende 'Vintage-Guitar Magazin' gibt einmal im Jahr den 'Official Vintage Guitar Magazine Price Guide' heraus. Er basiert auf gemeldete Verkäufe von ca. 25 Vintage-Gitarren Händlern aus den USA und bildet eine anerkannte Richtschnur für fast alle auf dem Markt befindlichen Gitarren, Bässe und Amps von ca. 1900 bis heute. In diesem Priceguide wird seit 1991 eine Art DAX für einen Pool von 42 gängigen und gefragten Gitarrenmodellen der Firmen Gibson, Fender und Martin veröffentlicht. Schaut man sich diese Kurve an, fällt auf, dass sie bis zum Jahre 2008 permanent nach oben weist mit jährlichen Zuwachsraten von durchschnittlich 10%. Nach der Preisexplosion in den Jahren 2005 bis 2007 gab es im Jahre 2008 das erste Mal eine Preiskorrektur nach unten. Das beruhte darauf, dass zunächst viele Sammler angesichts der ständig steigenden Preise ihre Instrumente behielten, der Markt fast leergefegt war und somit die Nachfrage das Angebot bei weitem überstieg. Als dann Anfang 2008 ein Preisgipfel erreicht war, zu dem aber auch kaum noch Interesse seitens potentieller Käufer bestand, tauchten auf einmal ganze Sammlungen feinster Instrumente wieder auf. Die Anbieter erhofften sich so z.B. zehn alte Gitarren (oder auch nur eine 59er Les Paul) in ein Einfamilienhaus umzuwandeln. Es zeigte sich aber, dass besonders die in den USA verlangten Preise nicht zu realisieren waren und entsprechend erfolgte eine Preiskorrektur um etwa 10 bis 20% nach unten, die sich auch im Jahre 2009 fortsetzte. Seit Anfang 2010 haben sich die Preise wieder stabilisiert, Angebot und Nachfrage waren relativ ausgeglichen, so dass wieder ausreichend Instrumente zu 'vernünftigen' Preisen zu bekommen waren. Ab Anfang 2013 stiegen die Preise in den USA für gefragte Modelle wieder konstand leicht an. Diese starken Preissprünge betrafen allerdings hauptsächlich viel gefragte Instrumente aus dem hochpreisigen Segment, Gitarren aus der Preisklasse unter € 5000.- (z.B. die 70iger Jahre Fender Instrumente) waren weder vom starken Anstieg noch vom Preisverfall besonders betroffen.
Im Zuge der Unsicherheiten wegen der Corona- und Ukraine Krise sowie steigender Inflation gab es 2021 und 2022 wieder einen starken Preisanstieg gefragter Modelle, wozu inzwischen auch fast alle Fender und Gibson Instrumente der 70er und frühen 80er Jahre gehören sowie ältere Custom-Shop Modelle. Teilweise war das Angebot wieder sehr knapp geworden und die Nachfrage groß. Inzwischen sind Angebot und Nachfrage wieder ausgeglichen und teils purzeln auch die Preise wieder.
In welche Gitarren investieren?
Glücklich sind die, die bereits vor zehn oder mehr Jahren ihre Instrumente gekauft haben. Sie können sich auf einem gesunden Zuwachspolster ausruhen und müssen nicht befürchten, jemals ihr Investment unter Einstiegspreis verkaufen zu müssen. Wer erst jetzt ins Vintage-Business einsteigen will, sollte einige Regeln beachten, die wir nach über 30 Jahren im Vintage Geschäft gerne an alle Einsteiger im Vintage-Gitarren Bereich weitergeben:
1. Nicht jede alte Gitarre ist eine sammelwürdige Vintage Gitarre mit starkem Wertsteigerungspotential. Nur dadurch, dass eine Gitarre alt und selten ist, muss sie noch nicht wertvoll sein. Ganz wichtig ist die Popularität des Instruments. Die ergibt sich in der Regel daraus, dass es ein von vielen Musikern eingesetztes Instrument ist (allen voran die Fender Stratocaster, Telecaster und Gibson Les Paul aus den 50er und 60er Jahren). Obwohl die Anzahl der in den 60iger Jahren hergestellten Fender Stratocaster z.B. in die zig-Tausende geht, ist es eine derart populäre und viel gesuchte Gitarre, so dass einwandfreie Instrumente vor 1971 unter 10.000 Euro kaum noch zu bekommen sind. Die Gibson Les Paul aus dem Jahre 1959 wurde etwa 1200 mal gebaut und kostet im Originalzustand etwa 300.000 bis 600.000 Euro. Andere Instrumente z.B. von Rickenbacker wurden in den 60iger Jahren nur in 2-stelligen Stückzahlen hergestellt, wurden und werden aber auch nur von wenigen Musikern benutzt und sind entsprechend zu 'Schäppchenpreisen' von 2000 bis 5000 Euro zu bekommen. Noch weniger populär sind Instrumente der meisten deutschen Hersteller. Eine Framus aus den 50er oder 60er Jahren war schon damals die 2. Wahl für alle, die sich kein amerikanisches Instrument leisten konnten und erreicht, von wenigen Ausnahmen abgesehen, heute mal gerade den inflationsbereinigten Neuwert der damaligen Zeit.
2. Lieber wenige 100% originale Instrumente kaufen als ein buntes Sammelsurium oder verbastelte Gitarren. Nimmt man z.B. für eine 1968er Stratocaster in der Standardfarbe sunburst und gutem Gesamtzustand einen Preis von 12.000 Euro an, kann sich dieser Preis für ein top erhaltenes Instrument in einer seltenen Farbe und dokumentierter Herkunft schnell verdoppeln oder verdreifachen aber durch eine von außen unsichtbare Fräsung unterm Schlagbrett und vielleicht ein paar ausgetauschte Teile ebenso schnell halbieren. Den höchsten Werterhalt und die höchsten Steigerungsraten haben also viel gefragte Instrumente in absolut 100%igem Originalzustand wozu auch der originale Koffer gehört. Selbst ein einmal ab- und wieder angelötetes Kabel kann den Wert schon um hunderte Euro reduzieren, wirft es doch Fragen auf nach dem 'warum' und lässt Zweifel an der Originalität entstehen. Stark abwertend sind alle nicht rückgängig zu machenden Veränderungen wie Neulackierungen (Refinish), Überlackierungen, Ausbesserungen, Fräsungen, Bohrlöcher usw. Mit geringeren Abschlägen noch akzeptiert werden Neubundierungen oder der Austausch eines defekten Sattels wenn diese Arbeiten professionell und mit den Originalen entsprechendem Material ausgeführt wurden. Andere ausgetauschte Teile, wie Potis, Schalter oder Pickups führen zunächst zu einer grundsätzlichen Abwertung von ca.10-20% da eben nicht mehr alles original ist und zusätzlich wird der Wiederbeschaffungswert, der bei einem alten Pickup auch schon mal 500 bis 1000 Euro sein kann, abgezogen.
3. Aus vertrauenswürdigen Quellen kaufen. Mittlerweile sind vermutlich Tausende gefälschte oder aus Teilen zusammengesetzte angebliche Originale auf dem Markt. Wenn es um Preise weit jenseits der 10.000 Euro Grenze geht, lohnt es sich für Fälscher sogar wochen- oder monatelang an einem Instrument zu arbeiten und es mit einigen Originalteilen zu einem angeblichen Original zu machen. Es hat schon etliche Prozesse um vermeintlich gefälschte oder nachgearbeitete Vintage-Instrumente gegeben, wobei Gerichte und Gutachter oftmals überfordert waren, denn ein 'normaler' Mensch wird kaum verstehen, dass eine in neuem Lack strahlende Gitarre weit wertloser als eine mit völlig abgespieltem Original-Lack sein soll. Zudem gibt es mittlerweile besonders für Fender und Gibson Gitarren fast jedes Hardwareteil als künstlich nachgealtertes Replica, teils mit original Seriennummer versehen und nur unter der Lupe und mit viel Erfahrung vom Fachmann zu unterscheiden. Zweifel sind immer angesagt, wenn die Herkunft der Gitarre sich nicht wenigstens die letzten 10 Jahre, am besten über die letzten 20-30 Jahre und im Optimalfall seit Erstkaufdatum an nachvollziehen lässt. Die Vintage-Händler Szene in Europa und USA ist überschaubar und wenn ein Instrument von einem oder mehreren namhaften Händlern gecheckt wurde und der Weg nachvollziehbar ist, umso besser. Taucht es aber plötzlich aus dem Nichts auf ('Dachbodenfund') ist höchste Vorsicht angebracht. Oftmals werden solche Instrumente bei E-Bay angeboten wobei der Käufer sich bewusst bedeckt hält und keine großen Angaben zur Originalität macht, als Privatverkäufer aber Garantie und Rückgabe ausschließt. Wer wirklich bei E-Bay ein Instrument kaufen will, sollte nicht hoffen, eine alte Strat als Schnäppchen zu erstehen (das hoffen einfach viel zu viele E-Bayer) und sollte das Instrument auf jeden Fall vor dem Kauf mit einem Fachmann begutachten.
4. Kaufen Sie nach Möglichkeit innerhalb der EU ein Instrument. Nach neuester EU-Gesetzgebung muß ein Händler innerhalb der EU bei Kauf per Versand ein Rückgaberecht und Gewährleistung einräumen. Auch hat der Käufer im Falle einer berechtigten Reklamation Chancen auf Schadensersatz. Bei Kauf aus dem Nicht-EU Ausland besteht in aller Regel keinerlei Recht auf Rückgabe, Gewährleistung oder Schadensersatz und der Käufer wird auch im Falle eines Transportschadens in den allermeisten Fällen keinen Schadensersatz erhalten, es sei denn, das Paket ist ordnungsgemäß versichert und weist äußerliche Schäden auf und der Empfang wurde noch nicht quittiert. Erscheinen die Preise in den USA wegen des größeren Angebots und eines günstigen Euro/Dollar-Kurses auf den ersten Blick auch günstiger als in Europa, sollte man bedenken, daß bei der Einfuhr nach Deutschland neben den nicht unerheblichen Versandkosten noch etwa 7% Zoll und 19% Einfuhrumsatzsteuer hinzu kommen und der Käufer zudem die oben genannten Nachteile in Kauf nimmt. Wer selbst ein altes Instrument aus dem nicht EU-Ausland mitbringt, sollte auf jeden Fall eine ordnungsgemäße und abgestempelte Rechnung mitbringen und freiwillig das Instrument dem Zoll vorlegen. An fast allen größeren Flughäfen wurden die Zollbeamten in den letzen Jahren auf Vintage-Instrumente geschult und wer versucht, ein Instrument durch den 'grünen-Ausgang' zu schmuggeln, darf, sollte er zurückgerufen werden, Zoll und Steuer und eine saftige Strafe nachzahlen. Wer umgekehrt ein Instrument ins Ausland mitnehmen will, daß er u.U. wieder mit zurückbringen möchte, sollte sich die Ausfuhr mit detaillierten Angaben vom deutschen Zoll bestätigen lassen, sonst kann es passieren, dass er bei der Rückkehr sein eigenes Instrument nochmals verzollen und versteuern muß. Ganz wichtig: Instrumente mit Anteilen (z.B. Griffbrett, Korpus oder Steg) aus dem Edelholz Rio-Palisander (oder 'Brazilian Rosewood) dürfen nur mit einer CITES-Einfuhrgenehmigung des EU-Einfuhrlandes und einem CITES-Exportdokument des Ausfuhrlandes zu privaten Zwecken eingeührt werden, was bedeutet: Sie dürfen auch mit diesen Genehmigungen weder weiterverkauft noch professionell genutzt werden. Dazu gehören z.B. viele Gibson und Fender Instrumente, die vor 1966 gebaut wurden. Eine Einfuhr solcher Instrumente ohne die nötigen Genehmigungen gilt seit 1992 auch bei ordnungsgemäßer Verzollung als Straftat und kann neben empfindlichen Geldbußen die Beschlagnahme des Instrumentes zur Folge haben. Weitere Infos dazu auf der Homepage des Bundesamtes für Naturschutz ( das Infoblatt zum Thema Rio-Palisander und weitere Infos zum Thema finden Sie auf der Seite: http://www.Rio-Palisander.de )
Zusammenfassung
Echte Vintage-Instrumente sind eine der sichersten und wertstabilsten Anlagen mit hohem Wertsteigerungspotential auf denen man auch noch Musik machen kann. Nachteil: Sie sind sperriger als Aktien oder Bargeld. Der Interessent sollte sich also an einen Vintage-Händler oder Sammler seines Vertrauens wenden, wenn er nicht selbst Fachmann ist. Um Streitigkeiten um Originalität und Zustand zu vermeiden, beides sich schriftlich bestätigen lassen und möglichst innerhalb der EU einkaufen. Als Einstieg in die Vintage-Welt gibt es eine Menge Literatur, allen voran den Official Vintage Guitar Magazine Price Guide und diese Telefonnummer: 0441-3800334 Jörn Eisenhauer
Der Indexverlauf
Der Index ergibt sich jeweils aus den Werten des Vor-Vorjahres, die Angaben im Priceguide 2023 wurden also eigentlich im Jahre 2021 recherchiert, im Jahre 2022 bearbeitet und erschienen dann Ende 2022. Quelle:
Vintage Guitar Price Guide
Wertgutachten
Wertgutachten erstellen wir grundsätzlich nur von bei uns gekauften Instrumenten. Auf Anfrage per Mail können wir zwar einen ungefähren Marktwert abschätzen, detaillierte Auskünfte zur Originalität sind nur auf Grund von Fotos aber leider nicht möglich.
Vorsicht mit Rio-Palisander!
Das Thema Rio-Palisander, dessen Handelsverbot und die Folgen für Vintage-Gitarren Sammler, -Spieler und -Händler sowie die Absage der Oldenburger Vintage-Guitar Show beherrscht seit letztem Jahr die Szene und wird in diversen Foren eifrig diskutiert.
Muss man haben...
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